So finde ich meinen Traumberuf: Studienwahl ist keine Schublade

Laut einer aktuellen Studie des HIS-Instituts für Hochschulforschung planen 55 Prozent der Abiturienten, nach ihrem Abschluss ein Studium aufzunehmen. Andere schwanken zwischen Studium und Ausbildung und wissen nicht, welchen Beruf sie ergreifen sollen. Eines solltest du dir dabei unbedingt deutlich machen: Die Studienentscheidung ist in der Regel keine Berufsentscheidung. Generell gilt: „Bei der Studienwahl ist es am wichtigsten, seine Interessen und Fähigkeiten in den Mittelpunkt zu rücken“, empfiehlt Dr. Annette Linzbach. „Viele Abiturienten haben das Gefühl, dass die Wahl, die sie nach dem Schulabschluss treffen, sie zwangsweise auf einen bestimmten Beruf festlegt“, stellt Dr. Annette Linzbach, Berufsberaterin bei der Agentur für Arbeit Düsseldorf, fest. „Eine Studienwahl ist aber keine Schublade, sondern eine Weichenstellung“, sagt sie. Die Beziehung zwischen Studium und Beruf ist nicht immer so konkret, wie das in der Regel bei Ausbildungen der Fall ist, die auf eine bestimmte Berufstätigkeit vorbereiten.

Natürlich gibt es Studiengänge, die direkt für einen Beruf qualifizieren. Dazu gehören beispielsweise Medizin, Jura oder Architektur. Andere Studienfächer, zum Beispiel Chemie oder Maschinenbau, eröffnen jedoch ein breiteres Berufsfeld. Nicht nur, dass etwa ein angehender Maschinenbauingenieur im Laufe des Studiums Schwerpunkte setzen kann, zum Beispiel Produktionstechnik oder regenerative Energietechnik. „Ein Maschinenbauingenieur kann im späteren Berufsleben in der Fertigung, der Planung oder im Vertrieb landen“, zeigt Dr. Annette Linzbach auf, aber etwa auch als Redakteur bei Fachmedien tätig werden. Wiederum andere Studiengänge lassen die spätere Berufswahl sehr offen. Klassisches Beispiel sind die Geisteswissenschaften: Für Studierende solcher Fächer ist es unerlässlich, im Studienverlauf ein Profil zu bilden und sich durch eigenes Engagement – etwa Praktika oder Nebenjobs – auf den Berufseinstieg gut vorzubereiten. Germanisten beispielsweise können nach ihrem Abschluss in den Medien oder bei Werbe- und PR-Agenturen tätig werden, zum anderen sind sie aber auch bei internationalen Organisationen, politischen Verbänden, in Bibliotheken oder Archiven zu finden, oder sie kommen in Personal- und Marketingabteilungen von Unternehmen unter.

Stärken und Vorlieben erkunden

Generell gilt: „Bei der Studienwahl ist es am wichtigsten, seine Interessen und Fähigkeiten in den Mittelpunkt zu rücken“, empfiehlt Dr. Annette Linzbach. Sicher gebe es weitere Faktoren wie Arbeitsmarktprognosen, jedoch sollten diese nicht überbewertet werden: „Prognosen müssen immer hinterfragt werden.“ Derzeit ist zum Beispiel vom Ingenieurmangel, oder für manche Fächer und Schularten von einem Lehrermangel die Rede. Aber das gilt eben nur für bestimmte Berufsgruppen. Außerdem gibt es viele unsichere Faktoren in den Prognosen. Sie erlebt, dass es für Abiturienten oft nicht einfach ist, die eigenen Interessen und Fähigkeiten klar zu benennen – und diese mit passenden Studiengängen oder Berufen in Verbindung zu bringen. „Die Abiturienten haben weniger ein Informationsdefizit, sondern vielmehr das Problem, sich selbst unter die Lupe zu nehmen.“ Abhilfe können hier neben einem Beratungsgespräch auch Potenzial-Analysen, von denen viele online absolviert werden können. So erfährt man nicht nur, welche Berufe am besten zu den eigenen Wünschen passen, sondern auch, ob man die nötigen Voraussetzungen dafür mitbringt. Nach Abschluss der Analyse erfahren die Nutzer, welche Studiengänge beziehungsweise Ausbildungsberufe ihrem persönlichen Profil entsprechen, und haben die Möglichkeit, weitere Informationen zu recherchieren. Ebenfalls eine gute Anlaufstelle für Schüler in der Orientierungsphase sind private Anbieter von Coachings und Beratung zur Berufs- und Studienorientierung. Diese bieten oftmals einen Test in Kombination mit einem anschließenden Gespräch, in dem die Ergebnisse besprochen und reflektiert werden.

Reicht die Motivation noch für die nächsten zehn Jahre?

Der aktuellen HIS-Erhebung „Bildungsintentionen und Entscheidungsprozesse – Studienberechtigte 2010 ein halbes Jahr vor Schulabgang“ zufolge waren 55 Prozent der befragten Schüler bereits vor dem Abi sicher, dass sie studieren möchten. Weitere 22 Prozent zogen ein Studium in Erwägung. Das heißt aber noch lange nicht, dass sich jeder auch im Klaren darüber ist, welchen Studiengang er aufnehmen möchte. Auch hier können Tests weiterhelfen: Zahlreiche Hochschulen bieten mittlerweile Online-Self-Assessments an. Dabei kann zwischen Orientierungsverfahren und Studierfähigkeitstests unterschieden werden. Erstere filtern heraus, welche Studiengänge zu den eigenen Neigungen und Fähigkeiten passen, letztere gleichen ab, ob jemand die Voraussetzungen für einen bestimmten Studiengang mitbringt.

Auch die Hochschulen leisten Hilfestellung in Sachen Studienorientierung: Um Studienbereiche oder -gänge kennenzulernen, können Schüler zum Beispiel an einem Schnupperstudium oder an Feriencamps teilnehmen. Viele Feriencamps werden im MINT-Bereich (Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) angeboten; oft besuchen die Teilnehmer Seminare und Vorlesungen und dürfen in Projektgruppen etwas erarbeiten. Ein Schnupperstudium hingegen bietet speziell Oberstufenschülern Gelegenheit, ausgewählten regulären Vorlesungen und Seminaren diverser Studiengänge beizuwohnen. Einblicke können Schüler auch bei Informationstagen der Hochschulen gewinnen, denn hier beantworten meist Studienberater, Lehrende und Studierende die Fragen der jungen Besucher.

Sich zwischen Studium und Ausbildung entscheiden

Nicht jeder ist sich allerdings schon vor dem Abi sicher, dass er ein Studium aufnehmen möchte, sondern könnte sich auch vorstellen, eine Ausbildung zu beginnen. Wer herausfinden möchte, ob ein Studium oder eher eine Ausbildung in Frage kommt, und sich über Studiengänge und Berufsausbildungen informieren will, kann auf zahlreiche Selbstinformationsmedien der Bundesagentur für Arbeit zurückgreifen: das BERUFENET liefert ausführliche Beschreibungen zu über 3.500 Berufen und BERUFE.TV hält informative Kurzfilme bereit, die Einblicke in die Berufswelt gewähren. Übrigens müssen Ausbildung und Studium kein Widerspruch sein: Duale Studiengänge verbinden Theorie und Praxis. Es gibt Angebote, die Studium und Ausbildung kombinieren, aber auch solche, die ein Studium mit Praxisphasen im Betrieb verknüpfen. Welche Hochschulen duale Studiengänge in welchen Fachbereichen anbieten, können Interessierte am besten im Portal AusbildungPlus des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) recherchieren. Die Mehrheit der Studiengänge wird in den Bereichen Maschinenbau, Elektrotechnik, Informatik und Wirtschaftswissenschaften angeboten, aber es gibt auch Angebote im Sozialwesen und in den Medien. Eines sollte man aber auch bedenken, wenn man sich für ein duales Studium entscheidet: Durch die enge Verzahnung mit der Berufspraxis legt man sich auf eine konkrete Berufstätigkeit fest. Wer sich schließlich für einen (dualen) Studiengang – oder auch einen Ausbildungsberuf – entschieden hat, sollte seine Entscheidung auf jeden Fall einem Realitätscheck unterziehen: „Gute Einblicke bekommt man beispielsweise über Praktika“ oder man nutzt Aktionen wie den Girls- und Boys-Day, um einen Tag lang in einen Beruf hineinzuschnuppern.

(Quelle: www.spiegel.de/ Karierespiegel)

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