Jungen wollen Ingenieur werden, Mädchen Tierärztin – doch die meisten haben keine Ahnung, was sie später machen wollen, zeigt eine neue Studie. Obwohl sie kurz vor dem Berufseinstieg stehen.
Schüler wollen einmal viel Geld verdienen und möglichst viel Spaß im Job haben. Nur welcher Beruf ihnen diese Wünsche erfüllen soll, das wissen viele nicht – obwohl sie kurz vor dem Berufseinstieg stehen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie.
Die nach Angaben der Autoren repräsentative Umfrage “Schule, und dann?” hat das Allensbach-Institut im Auftrag der Vodafone Stiftung durchgeführt und an diesem Dienstag veröffentlicht. Etwa 500 Schüler der letzten drei Klassen an allgemeinbildenden, weiterführenden Schulen und ihre Eltern wurden dafür befragt.
Die zentralen Ergebnisse im Überblick:
Schüler wollen sich in ihrem späteren Beruf vor allem selbst verwirklichen (87 Prozent), das steht noch vor dem Wunsch nach einem gut bezahlten (75 Prozent) und sicheren (71 Prozent) Arbeitsplatz. Arbeitsbedingungen, die “realistischerweise in der Berufspraxis” selten vorliegen, wie es in der Studie heißt. Der Bildungsforscher Klaus Hurrelmann sieht das problematisch: Es sei ein Grund für die hohen Abbruchquoten in der beruflichen Bildung und beim Studium, meint er. Derzeit beendet rund ein Viertel der jungen Erwachsenen ihre Ausbildung oder ihr Studium nicht, zu diesem Ergebnis kommen verschiedene Studien.
Unabhängig von der Schulart fällt fast der Hälfte der Schüler die Berufswahl schwer: Nur knapp ein Drittel der befragten Schüler hat konkrete Vorstellungen, was sie nach ihrem Schulabschluss machen wollen. Etwa 20 Prozent haben noch gar keine Ahnung, welcher Beruf für sie geeignet wäre. Dabei haben sie eine gute Chance, eine Lehrstelle zu bekommen, viele Betriebe suchen händeringend.
Zwar freuen sich 60 Prozent auf die Zeit nach der Schule, jeder vierte macht sich aber Sorgen, wie es dann weitergehen soll. Sind Schüler von der Berufswahl überfordert, könne das bedenkliche Konsequenzen haben, warnt Hurrelmann: Die gesamte Persönlichkeitsentwicklung könne darunter leiden und die weitere Schulkarriere könne gestört werden, so seine Analyse in der Studie.
Bis jetzt informieren vor allem Eltern ihre Kinder über mögliche Berufe und Ausbildungswege, zwei Drittel der Befragten findet das selbstverständlich. Durchaus erfolgreich: Von den Schülern, die intensiv von ihren Eltern unterstützt werden, geben 61 Prozent an, ausreichend informiert zu sein. Können sich die Eltern nicht in dem Maße engagieren, etwa weil sie alleinerziehend sind, geben nur knapp die Hälfte an, genug zu wissen. Trotzdem fehle den meisten Vätern und Müttern die Qualifikation für eine “sachlich und inhaltlich” sinnvolle Beratung, sagt Hurrelmann. Er fordert deshalb, die Berufsvorbereitung “zu einem viel größeren Ausmaß in professionelle Hände” zu legen.
Fast jeder dritte Schüler wünscht sich mehr Unterstützung, vor allem von seiner Schule, aber auch von Unternehmen. Als besonders hilfreich empfanden 75 Prozent der befragten Schüler Praktika bei Unternehmen. Nur ein Viertel informierte sich bei der Agentur für Arbeit, dabei empfanden nur 32 Prozent den Besuch als hilfreich.
Mädchen und Jungen halten immer noch an traditionellen Rollenvorstellungen fest: Fast 40 Prozent der Mädchen wollen im medizinischen oder sozialen Bereich arbeiten. Auch Tierärztin oder -pflegerin und Lehrerin können sich viele gut als späteren Beruf vorstellen. Für fast die Hälfte der befragten Mädchen ist es wichtig, anderen Menschen zu helfen, von den Jungs sahen das nur 21 Prozent so. Sie wollen klassischerweise vor allem in technische und handwerkliche Berufe (41 Prozent).
Auffallend ist jedoch, dass kaum einer der befragten Schüler seine Zukunft in der Computer- oder IT-Branche sieht: Von den Jungen interessieren sich immerhin noch sechs Prozent für den Bereich, von den befragten Mädchen niemand.
Wie schon viele andere Studien zuvor zeigt auch die aktuelle: Der Bildungserfolg ist noch immer von der sozialen Herkunft abhängig. Denn Akademikerkinder werden von ihren Eltern häufiger ermuntert, ein Studium aufzunehmen, als Kinder aus bildungsfernen Schichten. Auch sind es vor allem Kinder aus sozial schwachen Familien (31 Prozent) , die sich mehr Unterstützung bei ihrer Berufswahl wünschen. Dabei sind ihre Chancen oft schon deshalb geringer, weil sie tendenziell schlechter in der Schule sind. Doch auch hier kann eine professionelle Berufsberatung helfen, so Bildungsforscher Hurrelmann: Denn wer weiß, was er werden will, der ist auch in der Schule motivierter.